Vom 06. bis 14. März 2021 stehen die europäischen Aktionswochen unserer Partnerorganisation Center for Access to Football in Europe (CAFE) wieder an. Zum neunten Mal sind Vereine, Verbände und Fans aufgerufen, die Rolle von Menschen mit Behinderung im Fußball sichtbar zu machen.

Egal ob Spieler*innen, Schiedsrichter*innen, Fans oder Funktionär*innen: Unter dem Motto und Hashtag #TotalAccess soll europaweit für Inklusion und für den Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderung im Fußball geworben werden.

Ob digital oder analog, es gibt auch in Zeiten von Corona vielfältige Möglichkeiten sich gemeinsam und kreativ zu engagieren.

Fans und Fanorganisationen, die sich an den neunten CAFE-Aktionswochen beteiligen wollen, können noch bis zum 22. Februar 2021 Zuschüsse von bis zu 250 Euro für die eigenen Aktionen bei CAFE beantragen.

Also, los geht’s! Die CAFE Weeks of Action freuen sich auf euren Beitrag!
Mehr Infos gibt es über die hier im Artikel verlinkten Beiträge und auf der CAFE Webseite unter www.cafefootball.eu.

Für Rückfragen steht euch aber auch der BBAG-Vorstand zur Verfügung!

Am 26. Januar 2021 fand das Kick-Off-Meeting im Rahmen des von CAFE koordinierten, dreijährigen Erasmus+ Projekts „Good Governance needs access and inclusion“ statt. Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie wurde das erste Treffen aller europäischen Projektpartner natürlich virtuell abgehalten. Die BBAG war mit drei Vertreter*innen dabei.

Zum Auftakt stellten alle Teilnehmer*innen sich und ihre Aktivitäten kurz vor. Neben CAFE waren dies vor allem Vertreter*innen der nationalen Verbände und Ligen aus Belgien (KBVB und ProLeague), Frankreich (FFF und LFP) und Deutschland (DFB und DFL), sowie die nationalen Verbände der behinderten Fans der genannten Länder. Für die BBAG wird besonders der Austausch mit den Organisationen von Fans mit Behinderung aus Belgien (Inter) und Frankreich (FFSFH) künftig interessant, vor allem wenn die Zeit für physische Treffen wieder gekommen ist.

Alle Teilnehmer*innen erhielten darüber hinaus eine Einführung in die allgemeine Projektstruktur und umfangreiche Verwaltungsvorgaben. Anschließend wurden die wichtigsten, geplanten Aktivitäten aller Partner für die kommenden drei Jahre Projektlaufzeit zusammengefasst.

Entwicklung nationaler Strategien & Fanumfragen

Die Fanorganisationen wollen nun bis 2022 mit ihrer jeweiligen Liga und ihrem Verband eine gemeinsame Strategie zur weiteren Förderung von Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung im Fußball in ihrem Land entwickeln. Die BBAG wird also, zusammen mit ihren Mitgliedern, mit dem DFB und der DFL bis kommendes Jahr eine nationale Strategie zum Thema ausarbeiten.

Die Ergebnisse einer landesweiten Befragung von Fans mit Behinderung sollen als eine wichtige Grundlage in diese Strategieentwicklung einfließen. Die Befragung in Frankreich, Belgien und Deutschland wird durch die Universidade Europeia – Portugal (ENSILIS) entwickelt und ausgewertet. In Gruppendiskussionen beim nun erfolgten Auftakttreffen wurde besprochen, welche für Fans mit Behinderung wichtigen Perspektiven auch in die Befragung einfließen müssten. Ein erster Testlauf der Befragung mit einem kleinen Kreis von BBAG-Mitgliedern soll noch im Frühjahr 2021 starten. Im Sommer 2021 ist dann die Ausrollung der bundesweiten Umfrage geplant. Nach zwei Jahren soll die Befragung wiederholt und auf mögliche Entwicklungen bei der Verbesserung der Barrierefreiheit für Fans mit Behinderungen hin vergleichend ausgewertet werden.

Kontakt für Rückfragen

Für Rückfragen zum Projekt „Good Governance needs access and inclusion“ stehen von der BBAG Alexander Friebel via E-Mail an friebel@bbag-online.de und Oliver Stapf via E-Mail an stapf@bbag-online.de zur Verfügung.

Dieses Projekt wird gefördert durch Erasmus+

Erasmus+ ist das EU-Programm zur Förderung von Aus- und Weiterbildung, Jugend und Sport in Europa. Das von der Europäischen Kommission verwaltete Programm dient der Finanzierung internationaler Aktivitäten und bietet damit die Möglichkeit, Integration zu unterstützen.

Erasmus+ Logo

Die Unterstützung dieser Veröffentlichung durch die Europäische Kommission stellt keine Billigung der Inhalte dar, die nur die Sichtweise der Autoren widerspiegelt und die Kommission kann nicht für die Verwendung jedweder Art der hierin enthaltenen Informationen verantwortlich gemacht werden.

Quelle Bild: Alexander Scheuber/DFL

In der neuen Folge vom Februar 2021 präsentieren wir Euch folgende, aktuelle Themen:

KickIn! Beratungsstelle für Inklusion im Fußball – Interview mit Projektleiterin Daniela Wurbs

Im ersten Bericht stellt Daniela Wurbs kurz die Geschichte und die Tätigkeitsschwerpunkte von KickIn! vor. Sie reichen von Beratungsangeboten für Vereine bis hin zu verschiedenen Schulungen bspw. zur leichten Sprache und Onlineveranstaltungen sowie Workshops. Während die BBAG als Interessensvertretung vor allem von Menschen mit Behinderungen wirkt, versteht sich KickIn! als nachfrageorientierte Beratungsstelle für ganzheitliche Inklusion.

Die Projektleiterin berichtet ferner von der aktuellen Förderung durch die Aktion Mensch und die DFL sowie der künftigen Ausrichtung und Finanzierung und dem Zusammenspiel im Team und mit dem Vorstand der BBAG.

Erinnerungskoffer beim HSV – Fanny Boyn und Birgit Scheffner berichten

Im zweiten Teil unseres Podcasts berichten die Inklusionsbeauftrage vom HSV, Fanny Boyn, sowie die freiwillige Helferin Birgit Scheffner vom Erinnerungskoffer beim Hamburger SV.

Ca. 20 freiwillige Helfer sind dort im Einsatz und besuchen entsprechende Pflegeeinrichtungen, um mit demenzkranken Menschen über HSV-Anekdoten aus der Vergangenheit zu sprechen. Die Erinnerungsstücke aus diesem Koffer sollen bei den Fans positive Erinnerungen wieder ins Gedächtnis rufen und die Erinnerungsleistung stärken. Die Inklusionsbeauftragte des HSV erzählt von der längeren Vorbereitungszeit und über die spezielle Zusammensetzung des Teams, denn die einzelnen Teammitglieder haben alle ihre eigenen Erfahrungen mit dementiell erkrankten Menschen. Im Erinnerungskoffer befinden sich eine alte Kutte des HSV, ein Fußball, ein paar alte Schuhe, Fotos und viele andere Gegenstände aus der langen Historie des Bundesligadinos, mit vorwiegendem Schwerpunkt auf den erfolgreichen 1980er Jahren.

Fanny Boyn berichtet zudem über die bisher erhaltene Resonanz und wie ein digitaler Erinnerungskoffer gerade in den Zeiten des Corona-Virus dieses Angebot auch weiterhin ermöglicht.

Behindertenfanbeauftragte beim SV Werder Bremen, Interview mit Alexandra Lüddecke 

Was macht eigentlich eine Behindertenfanbeauftragte? In diesem Interview berichtet Alexandra Lüddecke ausführlich über ihre Aufgaben beim SV Werder Bremen.

Sie leitet und koordiniert während der Spieltage ein Team von 10 – 15 Personen, die im Stadion darauf achten, dass die Werder- sowie die Gästefans mit Behinderung – das Spiel genießen können. Zudem gibt sie einen ganz persönlichen Eindruck zu ihrer Geschichte beim SV Werder, wie sie über ihren Vater und Vorgänger Wolfgang Ziele an das Thema Inklusion im Fußball herangeführt wurde und warum die dritte Familiengeneration wohl nicht mehr in diesem Aufgabenbereich arbeiten wird.

 

Hier geht es zum Podcast bei YouTube – natürlich auch wieder bei Bedarf untertitelt: Folge #2

 

Hintergrund zum Autor:

Heinz Schindler (50) lebt seit mehr als 25 Jahren seinen Kindertraum: Sportjournalist und Reporter zu sein. Was einst zu Hause mit Kassettenrekorder und Tischfußball anfing, führte zu Live-Reportagen bei NDR 1 Niedersachsen und dem Rest der ARD. Als Autor arbeitet er zudem für Deutschlandfunk Kultur, immer auch mit dem Faible für die Geschichten hinter dem Glamour und für den Sport in seiner bodenständigen Form – sei es nun Amateurfußball oder aber Sport für Menschen mit Behinderungen. Letzteres zeigt er auch im Podcast der BBAG seit dem letzten Jahr.

Die von der DFL eingesetzte Taskforce Zukunft Profifußball hat ihren zusammenfassenden Ergebnisbericht der Taskforce vorgestellt. In der Taskforce diskutierten 37 Expert*innen aus Sport, Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft mehrere Ansätze zur zukunftsfähigen Entwicklung des Profifußballs in Deutschland. Dabei wurde auch über Themen gesprochen, die Auswirkungen für die Mitglieder der BBAG haben.

Viel Licht bei Nachhaltigkeit & Fandialog

Vor allem im Themenkomplex „Nachhaltigkeit im deutschen Profifußball“ hat die Taskforce einige konstruktive Handlungsempfehlungen veröffentlicht, um die ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung des Verbands und der Clubs noch stärker in den Fokus zu rücken. Von den unterbreiteten Verbesserungsvorschlägen zur Intensivierung des Fandialogs profitieren auch die Mitglieder der Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft (BBAG). Die Gründung einer DFL-Kommission zum Thema Fandialog kann von Seiten der BBAG nur unterstützt werden.

Licht & Schatten bei Inklusion & Vielfalt

Als BBAG begrüßen wir den konstruktiven Austausch, von dem die Arbeitsgruppen der DFL-Taskforce Zukunft Profifußball ganz offenkundig geprägt waren. Beim Blick ins Jahr 2030 „wirkt der Profifußball nach innen und nach außen als Vorbild für eine inklusive Gesellschaft“ ist dabei eine formulierte Zukunftsvision, der wir uns nur vollumfänglich anschließen können. Auch der kurzfristigeren Handlungsempfehlung für ein „klares Eintreten für Werte wie Inklusion, Antirassismus und Diversität“ pflichten wir selbstverständlich bei.

Die Empfehlung, dass die DFL und die Clubs sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Berufsfeld Fußball auf und abseits des Rasens einsetzen, unterstützen wir ebenfalls. Doch mehr Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen, kann nur ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Vielfalt im deutschen Profifußball sein. Die Zukunftskonzepte von Ligaverband und Clubs dürfen nicht beim Einsatz für Gender- & Geschlechtergerechtigkeit aufhören, sondern sollten zwingend auch bestehende Zugangsbarrieren aufgrund von Behinderung im deutschen Profifußball in den Blick nehmen, ebenso natürlich wie Ausgrenzung aufgrund von Alter, Religion, sexueller Orientierung oder Herkunft. Der deutsche Profifußball sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen und gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen bieten. Dies ist momentan noch nicht der Fall.

Für BBAG relevante Reformvorschläge fehlen im Ergebnisbericht

Als BBAG haben wir auch deshalb die Initiativen „Unser Fußball“ und „Zukunft Profifußball” unterstützt. Die dort von Fans aus ganz Deutschland entwickelten Positionen für die Neuausrichtung des Profifußballs wurden auch in der Taskforce Profifußball eingebracht. An der Taskforce beteiligte Fanvertreter*innen vermissen im Ergebnisbericht vor allem Maßnahmen, die den wirtschaftlichen Kernbereich des Fußballs betreffen. Bei Themen sozialer Inklusion bleibt der Ergebnisbericht ebenfalls hinter den tatsächlichen Diskussionen in der Taskforce zurück.

Die beispielsweise von Fanorganisationen seit vielen Jahren geforderte Einrichtung einer unabhängigen, bundesweiten Anti-Diskriminierungsstelle im Fußball mit Unterstützung von DFL und DFB, vor allem über Ausbau bereits bestehender Angebote und Kooperationen, ist in der Taskforce zwar besprochen worden. In den Abschlussbericht hat es diese Forderung, die wir als BBAG ausdrücklich unterstützen, aber leider nicht geschafft. Eine solche Struktur würde nachhaltiger Veränderung schaffen, als die nun von Frau Möller empfohlenen Awards, Projekte und Kommunikations-Kampagnen zum sozialen Engagement von Vereinen, Verbänden und Fans – die längst gelebte Praxis sind.

Ebenso wenig sind in dem Ergebnisbericht folgende von Fanseite eingebrachten Forderungen zu finden, die die Teilhabemöglichkeiten unserer Mitglieder oft ganz grundlegend betreffen:

  1. Entwicklung von Vorgaben zur Anpassung der Stadioninfrastruktur zur Schaffung von Wahlfreiheit auch für Rollstuhlnutzer*innen und sehbehinderten Stadionbesucher*innen bei der Platzwahl in allen Bereichen der Bundesliga-Stadien; Etablierung barrierefreier Standardtoiletten sowie genderneutraler Toilettenblöcke
  2. Verpflichtung der Clubs zu flächendeckender Einführung von Stadionansagen und Unterhaltungsprogrammen in den Stadien mit Live-Untertiteln oder/und Gebärdensprache auf der Stadionleinwand
  3. Verpflichtung der Clubs zu digitaler Barrierefreiheit bei Informationsangeboten und auf den Ticketportalen der Clubs und Verbände
  4. Einrichtung von Anlaufstellen zum Diskriminierungsschutz in allen Bundesliga-Stadien

 Der Erfolg der von der DFL eingesetzten Taskforce wird sich in ein paar Jahren letztlich daran messen lassen müssen, welche der Empfehlungen vom Ligaverband und den Clubs konkret umgesetzt wurden. Bei den Themen Nachhaltigkeit und Fandialog dürften die Vorschläge der Taskforce sicherlich für einige Verbesserungen sorgen. Doch auch die weitere Konkretisierung der anstehenden Zukunftsaufgaben im Bereich sozialer Inklusion im Bereich der nachhaltigen Entwicklung für alle Zielgruppen sollten von Vereinen und Verbänden nicht vernachlässigt werden.

Volker Sieger, stellv. Vorsitzender der BBAG & Leiter Bundesfachstelle Barrierefreiheit:

„Trotz aller gesetzlichen Vorgaben, den gemeinsam mit der DFL entwickelten Empfehlungen der Vergangenheit, und aller sonstigen Bemühungen: der deutsche Profifußball ist in der Realität leider noch weit von einer wirklichen Selbstverpflichtung zur Barrierefreiheit und damit von der Vorbildfunktion für eine inklusive Gesellschaft entfernt. Dies hätte sich angesichts der Vision auch ganzheitlicher in den Empfehlungen der Taskforce zur künftigen Entwicklung des Profifußballs widerspiegeln müssen.“

Alexander Friebel, Vorsitzender der BBAG:

„Es gibt Schätzungen zufolge weit mehr als 3 Millionen Fußballfans mit Behinderungen in Deutschland. Als BBAG wünschen wir uns, dass die Perspektive von Menschen mit Behinderung im weiteren Umsetzungsprozess deutlich stärker Berücksichtigung findet als bisher. Dafür wollen wir uns im konstruktiven Dialog mit der DFL, allen für die Umsetzung Verantwortlichen sowie als Teil von „Zukunft Profifußball“ weiter einsetzen.“