Nachbericht über die Reise unseres BBAG-Mitgliedes nach Russland

„Ein Aprilscherz im Dezember?“ dachte Charly Mildenberger, als sein Telefon klingelte und er kurz vor Weihnachten das Angebot erhielt, bei einer Schulung des russischen Fußballverbandes für Behindertenfanbeauftragte im Februar 2019 einen Vortrag über seine Arbeit bei der TSG Hoffenheim in diesem Bereich zu halten.

Die Anfrage kam über die Beratungsstelle „KickIn!“ der BBAG, welche von der DFL und der Aktion Mensch gefördert wird und international vernetzt ist. CAFE, das Centre for Access to Footbal in Europe, eine Partnerorganisation der UEFA, welche sich für Barrierefreiheit für Fans mit Behinderungen im europäischen Fußball einsetzt, hatte bei KickIn! nach einem deutschen Vertreter aus dem Kreis der Behindertenfanbeauftragten (BFBs) gefragt. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis der Behindertenfanbeauftragten (AK BFB) erfolgte schließlich die Auswahl und Anfrage bei verschiedenen BFBs anhand vorgegebener Kriterien, bis schließlich Charly Mildenberger als Vertreter für die Schulung feststand.

Vor Ort in Moskau hatten Projektmanager Jochen Kemmer von CAFE und die Behindertenfanbeauftragten des russischen Fußballverbands, Elena Popova, Behindertenfanbeauftragte der ersten drei Ligen aus ganz Russland zur Schulung eingeladen.

Der zweitägige fachliche Austausch fand im Pressezentrum des „Spartak“-Stadions statt, welches durch die Fußball-WM weltweit Bekanntheit erhielt. Vor allem die durch die Fußball-WM 2018 veränderten Strukturen galt es auch zu evaluieren und die Weiterentwicklung gemeinsam zu koordinieren.

Simulationen zum Thema „Blindenreportage“ und „Ordnerschulung für Fans  mit besonderem Betreuungsbedarf“ waren praktische Elemente, die u. a. durch Vorträge über inklusive Aktionen von Alekasandr Sergeev („Spartak Moskau“ ) und Alina Novozhilova („Zenith St. Petersburg“ ) ergänzt wurden.

Die Präsentation des aus Deutschland angereisten Kollegen sorgte schließlich bei den rund 50 Tagesgästen für so manches Staunen. Gemeinsam mit Jochen Kemmer war eine Präsentation auf Englisch gestaltet worden, in der die Erfahrungen aus 10 Jahren Behindertenfanbetreuung, Fanclub und Inklusionsfußball bei der TSG Hoffenheim vorgestellt wurden.

Rasanter Aufstieg, Herbstmeisterschaft, die Champions League-Teilnahme der 3000-Seelen-Gemeinde sowie die Organisationsstruktur der Behindertenfanbetreuung ernteten ebenso Applaus wie die  mitgebrachten „Autogrammkarten aus Graspapier“, welche das neue Nachhaltigkeitskonzept von PreZero, dem neuen Namensgeber der Arena in Sinsheim aufzeigten.

Viel Anerkennung erhielt Charly Mildenberger auch für sein Engagement als Initiator im Behindertenfußball, den vielen Inklusionsprojekten sowie der kürzlich gewonnen Wahl seines Fanclub-Kollegen Philipp Nunninger zum „Sporthelden 2018“. Vor allem der „Integrative Fanclub“ war beim anschließenden TV-Interview und dem Pausentee ein großes Gesprächsthema, und der Tausch diverser Schals und Fan-Utensilien könnte alsbald eine russische Fanfreundschaft nach sich ziehen.

Vielleicht verschlägt es den 1899er-Fanclub ja beim nächsten europäischen Wettbewerb in östliche Gefilde und er wird in Russland irgendwo mit blau-weißen Schals empfangen, gefolgt von einem „Na sdorowje“ !

 

Text: Charly Mildenberger, Daniela Wurbs

Fotos: Charly Mildenberger, Elena Popova

Der Fanclub “Eintracht Inklusiv” aus Braunschweig konnte sich nun nach einem Fußballturnier der Fanszene (wir berichteten) über 18.000 EUR freuen, die er für ein Projekt für Wohnboxen für obdachlose Menschen und eine Inklusionsfahrt nach Osnabrück verwenden möchte. Weitere Infos gibt es hier: https://www.eintracht-inklusiv.de/aktuelles/

Wir freuen uns sehr für unser Beiratsmitglied über die tolle Unterstützung aus dem Eintracht-Fanlager. Ein starkes Zeichen für Inklusion!

Vom 14. – 16.01.2019 fand in Barcelona erstmals ein europäisches Netzwerktreffen von Behindertenfanbeauftragten (BFB) und nationalen Koordinator*innen statt, die sich in ihrem Land oder in ihrem Verein mit Barrierefreiheit für Fans mit Behinderung im Stadion beschäftigen.

Die deutsche Delegation bildeten Kim Krämer (FC Bayern München) und Axel Ackermann (RB Leipzig) für den Arbeitskreises der Behindertenfanbeauftragten (AK BFB) und Daniela Wurbs für die BBAG-Beratungsstelle KickIn! als Kooperationspartner der DFL in diesem Bereich. Insgesamt nahmen etwa 30 Vertreter*innen aus 17 Ländern am Austausch teil.

Organisiert wurde das Treffen von CAFE, dem Center for Access to Football in Europe. CAFE ist eine europaweit agierende und von der UEFA geförderte Organisation, die sich für mehr Barrierefreiheit im europäischen Fußball einsetzt. Im Auftrag der UEFA koordiniert und begleitet CAFE derzeit unter anderem die Einführung von Behindertenbeauftragten auf Vereinsebene im europäischen Fußball und baut ein kontinentales Expert*innen-Netzwerk für Blindenreportage auf.

Die Rolle des BFB ist – anders als in Deutschland – erst seit Juni 2015 Teil der UEFA-Lizensierungs- und Financial FairPlay Auflagen für Vereine. Mehr als 1.000 Clubs auf dem Kontintent sind seither aufgefordert, die Rolle zu besetzen und die neuen Verantwortlichen entsprechend zu schulen. Dies geschieht allerdings nur mehr oder weniger konsequent.

Ziel des Treffens war die Vernetzung untereinander über gemeinsame Themen und Herausforderungen im Arbeitsfeld. Zudem diskutierte man das UEFA-Handbuch für Behindertenbeauftragte und wie dies verbessert werden könnte, um die Rolle zu stärken.

Weiterin wurden zahlreiche Fallbeispiele der praktischen Arbeit auf Vereinsebene vorgestellt. Axel Ackermann, Kim Krämer und Daniela Wurbs wiederum bildeten in einer gemeinsamen Präsentation die vielfältigen Strukturen und Arbeitsebenen für Barrierefreiheit und Inklusion im deutschen Fußball ab. Diese reichen von der Arbeit der Fußball-Verbände und ihrer Stiftungen bis hin zu den Aktivitäten der Vereine und Interessensvertretungen von Fans mit Behinderung, wie der BBAG als Trägerorganisation von KickIn!.

Das Treffen wurde eröffnet von Emili Rousaud, Leiter eines „Büros für Angebote für besondere Bedarfe“ beim FC Barcelona, welches sich explizit um Angebote zur  Barrierefreiheit rund um das Stadion und den Verein kümmert. Alexis Angelopoulos als Koordinator der Clublizensierung der UEFA wiederum zeigte auf, wie die UEFA die Einführung der BFB-Rolle europaweit unterstützt und künftig Fallbeispiele zur praktischen Umsetzung der Rolle aus verschiedenen Ländern als Best Practice Modelle bereitstellen wird. 

Aus Sicht der deutschen Delegation hat sich die Teilnahme am Treffen absolut gelohnt.  Gerade die Vernetzung zu Kolleg*innen und Kollegen aus Spanien oder England eröffnete neue, innovativen Perspektiven auf die Arbeit, insbesondere im Bereich barrierefreier Infrastruktur. Ebenso beeindruckend war allerdings auch die Erfahrung, wie einzelne  europäische Vereine bspw in Belgien selbst unter prekärsten Bedingungen dank engagierter Einzelpersonen beeindruckende Arbeit auf dem Gebiet leisten. Erste bilaterale Netzwerktreffen zum Austausch von Erfahrungswissen sind deshalb auch bereits in Planung.

Weitere Informationen zur Arbeit von CAFE und seiner Netzwerkpartner*innen finden sich auf der CAFE Webseite oder auf Social Media unter den Hashtags #DAONetwork und #TotalAccess.

* Més que una reunió = Katalanisch für “Mehr als ein Treffen” – angelehnt an das Motto des FC Barcelona “Més que un club“ (= Mehr als ein Verein)

Bildhinweis: FC Barcelona / Axel Ackermann

Im Oktober 2018 wurde die KickIn! Projektleitung Daniela Wurbs von den Vereinten Nationen als Expert*in auf das UN-Sozialforum nach Genf eingeladen, um dort auf einem Podium neben prominenten Gästen über Inklusion und ihre Arbeit für die BBAG in Deutschland zu sprechen.

Das UN-Sozialforum ist eine jährlich stattfindende, dreitägige Konferenz, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einberufen wird. Es gilt als offenes Forum des interaktiven Dialogs zwischen Akteur*innen der Zivilgesellschaft, Vertreter*innen von Mitgliedsstaaten und zwischenstaatlichen Organisationen. Es findet jedes Jahr unter einem bestimmten, vom Menschenrechtsrat gewählten Oberthema statt. Diesmal stand der Sport im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Daniela Wurbs war Teil des Panels unter dem Titel „Vielfalt feiern: Inklusion, Gleichberechtigung und Anti-Diskriminierung im Sport – das Beispiel Fußball“. Vor ca. 400 Teilnehmer*innen präsentierte sie neben Robert Ustian, Vertreter der europäischen Fanorganisation Football Supporters Europe (FSE), Alexey Smertin, Anti-Diskriminierungsbeauftragter und Anti-Rassismusbeauftragter des Russischen Fußballverbands und ehemaliger Kapitän des russischen Nationalteams und Des Tomlinson, interkultureller Fußballnationalkoordinator des Fußballverbands von Irland.

Daniela stellte ihre Arbeit im Bereich Inklusion für KickIn! in Deutschland vor und betonte die Wichtigkeit, auch den ökonomischen Mehrwert inklusiver Maßnahmen gegenüber Sportvereinen und -verbänden hervorzuheben. Ebenso schilderte sie die ersten Erfolge im deutschen Fußball bei der Umsetzung eines ganzheitlichen Verständnisses von Inklusion als Prozess zur Vielfalt durch die zunehmende Ausrichtung der Vereine auf die Bedarfe verschiedenster Zuschauerschichten. Im Gegensatz zu anderen Ländern werde im deutschsprachigen Raum der Begriff Inklusion allerdings noch vielfach ausschließlich als Frage der Behindertenhilfe diskutiert, was wiederum tendenziell zu einer ausgrenzenden Handhabung von entsprechenden Maßnahmen und Personengruppen führe. Wogegen ein ganzheitliches Verständnis von Inklusion alle sozialen Gruppen einbezieht und vor allem auch Querschnittsaufgaben für alle sichtbar und besser umsetzbar macht. Obwohl schon vieles gut liefe im deutschen Fußball sei dieser Hinsicht noch einiges zu tun.

Darüber hinaus fanden zahlreiche weitere Panels zu vorrangig menschenrechtlichen Fragen in und um den Sport statt. Unter anderem unter Teilnahme von Vertreter*innen des Internationalen Olympischen Komitees, Athletenverbänden und Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch.

Der Konferenzbericht des UN-Sozialforums 2018 mit Berichten aus allen Podien als illustrierte Fassung zum Download ist seit März 2019 online abrufbar. Eine barrierearme pdf-Version des Konferenzberichts des UN Sozialforums 2018 ist über diesen Link erhältlich (inklusive der Möglichkeit zum Download als Word-Dokument).

Aktuelle Informationen zur Arbeit der Veranstalter sind über die Webseite des UN-Menschenrechtsrats erhältlich.

Die BBAG freut sich, die aktuell laufende CAFE-Aktionswoche 2019 – „Total Football #TotalAccess“ zu unterstützen.

Über 15 % der Weltbevölkerung haben eine Behinderung; mit anderen Worten bedeutet dies, dass es derzeit mehr als eine Milliarde Menschen mit Behinderungen auf der Welt gibt.

Unsere europäische Partnerorganisation CAFE (Centre for Access to Football in Europe) arbeitet daran, den Zugang und die Integration im Fußball zu verbessern, sodass Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen des Spiels – von der Basis bis hin zu den Vorstandsetagen – willkommen sind.

Die CAFE „Week of Action“, die es bereits seit 2013 gibt, hat jedes Jahr an Popularität hinzugewonnen und wir sind erfreut, an der diesjährigen Kampagne teilzunehmen und uns somit bei den Fans mit Behinderungen für ihre kontinuierliche Loyalität und Unterstützung zu bedanken. Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit den anderen Teilnehmenden  Barrierefreiheit im Fußball zu feiern – Total Football #TotalAccess.

Fußball ist die beliebteste Sportart der Welt, und deshalb ist es unerlässlich, dass Menschen mit Behinderungen in der Lage sind, ihren rechtmäßigen Platz im Spiel einzunehmen, sei es als Fans, Spielende, Trainierende, Mitarbeitende, Verwaltungs- oder Führungskräfte oder Personen mit Entscheidungsbefugnis.

„Total Football #Total Access“ ist mehr als ein Motto: Es ist das Ziel, das die Fußballwelt anstreben sollte. Nur wenn der Fußballsport vollständig barrierefrei, inklusiv und einladend ist, können wir es wirklich als „das schöne Spiel“ bezeichnen.

Die BBAG engagiert sich ebenfalls für einen Sport, der nicht diskriminiert und wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns den „Total Football #TotalAccess“ während der CAFE-Aktionswoche zu feiern.

Weitere Informationen über CAFE und die Aktionswoche von CAFE finden Sie auf der Website  www.cafefootball.eu, per E-Mail an info@cafefootball.eu, unter der Telefonnummer +44 (0)208 065 5108, oder auf Facebook (@cafefootball), Twitter (@cafefootball) und Instagram (@cafefootball.eu).

In den letzten Tagen erreichte uns die Nachricht vom Tode von Alexandra Hoffmann. Sie war über 17 Jahre Vorsitzende des Fanclubs „KSC-Rollstuhlflitzer e.V.“ bis Ende 2018 und zudem auch im Gemeinderat Ihrer Heimatstadt sowie im Vorstand des VdK-Kreisverbandes Bruchsal tätig.

In ihrem Fanclub in Karlsruhe plante Sie Ausflüge und insbesondere auch Auswärtsspiele für Rollstuhlfahrer und setzte sich beim Karlsruher SC zusammen mit der Behindertenfanbetreuung leidenschaftlich dafür ein, dass bei der Planung des neuen Stadions die Belange von Fans mit Behinderungen eine entsprechende Berücksichtigung finden werden. Zudem war sie mit ihrem Fanclub in unserem Verband eine der Gründungsmitglieder und wir lernten sie als freudige Ideengeberin und engagierte Mithelferin kennen.

Alexandra Hoffmann verstarb am Dienstag dieser Woche nach schwerer Krankheit im Alter von 59 Jahren. Unsere Gedanken sind bei Ihrem Lebensgefährten sowie der Familie, der wir in dieser Zeit ganz besonders viel Kraft wünschen.

Die BBAG wird Alexandra Hoffmann nicht vergessen und ihr ein ehrendes Andenken bewahren.