Die nachfolgenden Forderungen sind das Ergebnis von Diskussionen und dem Austausch mit unseren Mitgliedern in den letzten Wochen, u.a. beim kürzlich stattgefundenen BBAG-Fanclubtag 2020. Sie stellen keine abschließende Liste dar, sondern vielmehr Kernpunkte zur Wiedereröffnung der Stadien mit Zuschauer*innen unter Corona-Bedingungen. Viele Fans mit Behinderung gehören zu gesundheitlich besonders gefährdeten Personenkreisen. Daher sollte ihren Bedarfen im Rahmen von Hygieneschutzkonzepten und Gesundheitsprävention in und um Stadien besondere Aufmerksamkeit zu teil werden.
An die Adresse der Verbände, Clubs und Stadionbetreiber richten wir folgenden 10-Punkte-Plan:
1. Ausnahmen von Maskenpflicht muss möglich sein
Manche Fans mit Behinderungen können aus medizinischen Gründen keine Masken tragen. Fans mit Hörbehinderungen haben Schwierigkeiten, bei Menschen mit Masken Gesten, Mimik zu verstehen oder Lippen zu lesen. Daher sollten auch Masken mit Sichtfenster oder Visiere zugelassen sein. Hier gibt es bereits gute Vorgaben aus den Bundesländern, bspw. die „Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg“ (SARS-CoV-2-Umgangsverordnung – SARS-CoV-2-UmgV).
2. Unterschiedliche Abstände berücksichtigen / Medikationen erlauben
Menschen mit Behinderung, die ein „B“ im Schwerbehindertenausweis haben, benötigen ihre Begleitperson i.d.R. in ihrer unmittelbaren Nähe. Hier muss es möglich sein, dass die Betreuung durch eine oder ggf. mehrere Begleitpersonen auch näher als 1,50m möglich ist. Ebenso sind Zuschauer*innen mit Behinderung, die auf die Mit- und Einnahme von speziellen, teils flüssigen Medikamenten während des Stadionbesuchs angewiesen sind, entsprechend zu berücksichtigen. Der Ordnungsdienst insbesondere im Eingangsbereich sollte dafür sensibilisiert werden.
3. Bereitstellung von Parkplätzen
Es ist davon auszugehen, dass Fans mit Behinderungen verstärkt per PKW zu Spielen anreisen werden. Zu diesem Zweck müssen ausreichende Parkplatz-Kapazitäten für Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehen. Auf Alternativen (Fahrdienste) sollte ebenfalls hingewiesen werden. Möglichst sollten Parkreservierungen bereits bei der Bestellung versandt werden oder der Zutritt sollte mit der blauen EU-Parkkarte erfolgen. Der Ordnungsdienst ist hiervon zu unterrichten.
4. Kommunikation über Veränderungen im Vorfeld
Werden in der Corona-Zeit beispielweise Änderungen der Ticketbedingungen, der Zugangs- / Entfluchtungswege, oder neue Öffnungszeiten des Fanshops publiziert, bitten wir um entsprechende Berücksichtigung einer barrierefreien Kommunikation (Leichte Sprache, Verdolmetschung / Untertitelung usw.).
5. Hilfe am Spieltag
Die Corona-Situation bedeutet auch für Fans mit Behinderungen einen erhöhten Bedarf an Nachfrage und Kommunikation. Am Spieltag sollte daher die Möglichkeit gegeben sein, Ansprechpartner für Fans mit Behinderungen zu kontaktieren, die auch für alle Behinderungsgruppen erkennbar und ansprechbar sind (auch für Fans mit Bedarf an Gebärdensprache). Ebenfalls sollten die Beschilderungen im Stadion gut erkennbar und nachvollziehbar sein und ein Leitsystem möglichst vorhanden sein.
6. Sicherstellung der Nutzbarkeit von Plätzen für Fans mit Behinderungen
Bei der Bereitstellung der Plätze für Fans mit Behinderungen (insbesondere bei Veränderungen oder temporäreren Umbauten) ist dafür Sorge zu tragen, dass diese zum einen auch für Fans mit Behinderungen erreichbar sind (barrierefreie Zuwege) und auch voll nutzbar sind (beispielweise, dass dort für Fans mit Sehbehinderungen auch der Empfang der Blindenreportage möglich ist).
7. Einbindung des Behindertenfanbeauftragten vor Ort
Der örtliche Behindertenfanbeauftragte kennt sich vor Ort aus, ist im Kontakt mit den lokalen Zielgruppen und kann daher fachliche Einschätzungen darüber abgeben, welche Bedarfe gemäß der lokalen Situation besonders relevant sind. Es ist daher darauf zu achten, dass dieser von Anfang an in den Planungen der Stadionbetreiber eingebunden wird.
8. Hygiene
Für Fans mit bestimmten Einschränkungen als Risikogruppe ist eine ausreichende Hygiene unerlässlich. Desinfektionsspender sollten aufgestellt werden und die Toiletten sollen möglichst mehrfach am Spieltag gereinigt werden. Ebenso ist bei allen Gegenständen, die der Verein am Spieltag ausgibt / ausleiht (Empfangsgeräte, Rollstühle usw.) auf entsprechende Reinigung zu achten.
9. Catering
Der Zugang zum Catering sollte für Fans mit Behinderungen barrierefrei sein. Ebenfalls sollte der Bestellvorgang barrierefrei möglich sein, also insbesondere sollte eine Bebilderung der Getränke und Speisen vorhanden sein und es sollte auch Rollstuhlnutzern möglich sein, Getränke und Speisen entgegenzunehmen. Auch die Erwägung eines Bringdienstes am Platz sollte in die Überlegungen einfließen und dann auch entsprechend kommuniziert werden.
10. Sensibilisierung des Ordnungsdienstes
Wie bereits an einigen Punkten deutlich wird, kommt insbesondere dem Ordnungsdienst in der Corona-Zeit eine besondere Aufgabe zu. Der Ordnungsdienst sollte daher umfassend zu den Bedarfen von Fans mit Behinderungen geschult werden und auch im Kontakt mit dem örtlichen Behindertenfanbeauftragten stehen.
Inzwischen gibt es einen offiziellen Leitfaden für die Wiederzulassung von Zuschauern von DFL und DFB, zu dem auch wir einige Ideen beitragen konnten. Hier mehr Informationen: https://media.dfl.de/sites/2/2020/07/Grundlagen-und-Leitfaden-f%C3%BCr-die-Konzepterstellung-zwecks-Wiederzulassung-von-Stadionbesuchern.pdf