Der DFB hat jüngst weitreichende Änderungen bei den Stadionanforderungen für die 3. Liga zugunsten von Menschen mit Behinderung beschlossen. Diese werden nun in die entsprechenden Richtlinien aufgenommen. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt dem Input engagierter Fans aus dem Bündnis „Zukunft Profifußball“ im Zusammenspiel mit der BBAG.

Aber von vorn: bisher gab es in den Durchführungsbestimmungen für die 3. Liga nur sehr vage Regelungen für die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderung. Faktisch war das eigentlich sowieso nur für Gästefans mit Behinderung unter „§25 Eintrittskarten“ irgendwie geregelt. Dort war bisher immerhin vorgeschrieben, dass 10% der vorhandenen „Sonderplätze“ für Menschen mit Behinderung für Gästefans bereitzustellen sind: „z.B. Plätze für Rollstuhlfahrer, Seh- oder Hörgeschädigte“. Dazu, wieviel Prozent der Kapazitäten im Stadion für alle Fans mit Behinderung überhaupt vorzusehen sind, gab es bislang keine wirklichen Vorgaben. Mit dem Ergebnis, dass nur sehr wenige Stadien der 3. Liga außerhalb von zumeist wenigen Rollstuhlplätzen deutlich unterhalb der Mindestanforderungen überhaupt Services für die Zugangsbedarfe anderer Fans mit Behinderung anbieten.

Erst kam die TaskForce

Nun wurde im Herbst 2020 im Zuge der Diskussionen um Nachhaltigkeit und Stabilität des Fußballs während der Corona-Pandemie vom DFB die TaskForce „Wirtschaftliche Stabilität 3. Liga“ ins Leben gerufen. Diese veröffentlichte 1 Jahr später die Ergebnisse ihrer TaskForce-Diskussionen. Mit in den Diskussionsrunden waren mit Stefanie Dilba und Oliver Mantey auch zwei Fanvertreter*innen der 3. Liga. Diese sind gemeinsam mit der BBAG auch im ligaübergreifenden Fanbündnis Zukunft Profifußball engagiert. Vor allem dank ihrer Eingaben landete neben vielen weiteren Punkten auch die Forderung im Ergebnis-Papier, in der 3.Liga künftig „mindestens 1% der verfügbaren Stadionkapazitäten barrierefrei“ zu gestalten sowie Plätze für sehbehinderte Menschen vorzusehen.

Die Empfehlungen der TaskForce wurden seit ihrer Veröffentlichung in diesem Jahr mit zahlreichen Menschen in weiteren Workshops vertieft und verfeinert. Die BBAG wurde vom DFB dabei zur weiteren Ausarbeitung der genannten Stadionanforderungen für Menschen mit Behinderung hinzugezogen. Die Ergebnisse des Austauschs wurden anschließend vom Ausschuss 3. Liga sowie dem DFB-Spielausschuss übernommen. Und nun vom DFB-Präsidium beschlossen!

Dann kam die neue Stadionanforderung

Nach den neuen Durchführungsbestimmungen sollen in der 3. Liga künftig „mindestens 1 % der Gesamtkapazität als Rollstuhlplätze“ vorgesehen werden, „welche in Abstimmung mit dem Behinderten-Fanbeauftragten/Inklusionsbeauftragten sowie unter Einbeziehung von Nutzern oder deren Interessenvertretung auszugestalten sind. Darüber hinaus sollen stufenlos erreichbare Vorzugssitzplätze für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen in allen Stadionbereichen, sowie Angebote für Menschen mit Seh- und Hörbehinderung technisch eingerichtet und vorgehalten werden. Zudem sind 10 % der in dem Stadion vorhandenen und entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse ausgestatteten Sonderplätze für Menschen mit Behinderung dem Gastverein zur Verfügung zu stellen.“

Damit geht die neue Bestimmung noch über die Mindestvorgabe von 0,5 % für Rollstuhlplätze aus der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO) hinaus. Der DFB folgt damit internationalen Empfehlungen zur Stadiongestaltung, wie sie u.a. auch für UEFA-Wettbewerbe in den UEFA/CAFE-Leitlinien „Zugang für Alle“ richtungsweisend sind.

Zudem wichtig – die BehindertenFanbeauftragten bzw. Inklusionsbeauftragten der Clubs werden künftig einbezogen – also die Fachleute, die bereits in den Clubs vorhanden sind –  ebenso die Nutzer*innen der betroffenen Plätze bzw. deren Interessenvertretungen (z.B. Fanclubs oder auch die BBAG)!

Was heißt das jetzt?

Mit dem Beschluss wird nun erstmals in einer offiziellen Verbands-Richtlinie für deutsche Fußballstadien die Wahlfreiheit im Sinne der Leitidee von Inklusion, hier im Bezug auf Menschen mit Behinderung, gestärkt. Denn Menschen mit Behinderung im Fußball sollen sich künftig – wie alle anderen auch – möglichst in allen Stadienbereichen aussuchen können, wo und wie sie ein Fußballspiel erleben wollen. Ob im Rollstuhl oder mit Seh-, Hör oder einer anderen Behinderung – ob im Stehplatz-, auf der Gegengerade oder VIP-Bereich.

Zwar werden die neuen Stadionanforderungen des DFB zunächst als SOLL-Bestimmung eingeführt, diese sollen aber mittelfristig in ein verbindliches MUSS-Kriterium für die Stadien in der 3. Liga überführt werden. Und natürlich sollten sich die Vereine und Stadien bereits heute daran machen, die Vorgaben von morgen erfüllen zu können. Ein paar von ihnen sind auch bereits auf dem Weg dahin.

Dieser Erfolg zeigt aus BBAG-Sicht nicht nur, dass sich die gemeinsame Arbeit in übergeordneten Fanbündnissen lohnt. Sondern auch ein hartnäckiger Dialog mit den Verbänden.

Alexander Friebel, BBAG-Vorsitzender: „Die neuen Stadionbestimmungen können für die 3. Liga durchaus als Meilenstein betrachtet werden. Wir danken den Beteiligten der TaskForce für die Berücksichtigung der Bedarfe von Fans mit Behinderung und dem DFB für den erfolgreichen Austausch. Bitte gerne mehr davon! “