Das Logo der BBAG: Schwarz-Weißer Fußball mit Rollstuhlfahrer*in-Symbol und darunter ein BBAG-Schriftzug in Orange.

Die von der DFL eingesetzte Taskforce Zukunft Profifußball hat ihren zusammenfassenden Ergebnisbericht der Taskforce vorgestellt. In der Taskforce diskutierten 37 Expert*innen aus Sport, Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft mehrere Ansätze zur zukunftsfähigen Entwicklung des Profifußballs in Deutschland. Dabei wurde auch über Themen gesprochen, die Auswirkungen für die Mitglieder der BBAG haben.

Viel Licht bei Nachhaltigkeit & Fandialog

Vor allem im Themenkomplex „Nachhaltigkeit im deutschen Profifußball“ hat die Taskforce einige konstruktive Handlungsempfehlungen veröffentlicht, um die ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung des Verbands und der Clubs noch stärker in den Fokus zu rücken. Von den unterbreiteten Verbesserungsvorschlägen zur Intensivierung des Fandialogs profitieren auch die Mitglieder der Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft (BBAG). Die Gründung einer DFL-Kommission zum Thema Fandialog kann von Seiten der BBAG nur unterstützt werden.

Licht & Schatten bei Inklusion & Vielfalt

Als BBAG begrüßen wir den konstruktiven Austausch, von dem die Arbeitsgruppen der DFL-Taskforce Zukunft Profifußball ganz offenkundig geprägt waren. Beim Blick ins Jahr 2030 „wirkt der Profifußball nach innen und nach außen als Vorbild für eine inklusive Gesellschaft“ ist dabei eine formulierte Zukunftsvision, der wir uns nur vollumfänglich anschließen können. Auch der kurzfristigeren Handlungsempfehlung für ein „klares Eintreten für Werte wie Inklusion, Antirassismus und Diversität“ pflichten wir selbstverständlich bei.

Die Empfehlung, dass die DFL und die Clubs sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Berufsfeld Fußball auf und abseits des Rasens einsetzen, unterstützen wir ebenfalls. Doch mehr Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen, kann nur ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Vielfalt im deutschen Profifußball sein. Die Zukunftskonzepte von Ligaverband und Clubs dürfen nicht beim Einsatz für Gender- & Geschlechtergerechtigkeit aufhören, sondern sollten zwingend auch bestehende Zugangsbarrieren aufgrund von Behinderung im deutschen Profifußball in den Blick nehmen, ebenso natürlich wie Ausgrenzung aufgrund von Alter, Religion, sexueller Orientierung oder Herkunft. Der deutsche Profifußball sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen und gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen bieten. Dies ist momentan noch nicht der Fall.

Für BBAG relevante Reformvorschläge fehlen im Ergebnisbericht

Als BBAG haben wir auch deshalb die Initiativen „Unser Fußball“ und „Zukunft Profifußball” unterstützt. Die dort von Fans aus ganz Deutschland entwickelten Positionen für die Neuausrichtung des Profifußballs wurden auch in der Taskforce Profifußball eingebracht. An der Taskforce beteiligte Fanvertreter*innen vermissen im Ergebnisbericht vor allem Maßnahmen, die den wirtschaftlichen Kernbereich des Fußballs betreffen. Bei Themen sozialer Inklusion bleibt der Ergebnisbericht ebenfalls hinter den tatsächlichen Diskussionen in der Taskforce zurück.

Die beispielsweise von Fanorganisationen seit vielen Jahren geforderte Einrichtung einer unabhängigen, bundesweiten Anti-Diskriminierungsstelle im Fußball mit Unterstützung von DFL und DFB, vor allem über Ausbau bereits bestehender Angebote und Kooperationen, ist in der Taskforce zwar besprochen worden. In den Abschlussbericht hat es diese Forderung, die wir als BBAG ausdrücklich unterstützen, aber leider nicht geschafft. Eine solche Struktur würde nachhaltiger Veränderung schaffen, als die nun von Frau Möller empfohlenen Awards, Projekte und Kommunikations-Kampagnen zum sozialen Engagement von Vereinen, Verbänden und Fans – die längst gelebte Praxis sind.

Ebenso wenig sind in dem Ergebnisbericht folgende von Fanseite eingebrachten Forderungen zu finden, die die Teilhabemöglichkeiten unserer Mitglieder oft ganz grundlegend betreffen:

  1. Entwicklung von Vorgaben zur Anpassung der Stadioninfrastruktur zur Schaffung von Wahlfreiheit auch für Rollstuhlnutzer*innen und sehbehinderten Stadionbesucher*innen bei der Platzwahl in allen Bereichen der Bundesliga-Stadien; Etablierung barrierefreier Standardtoiletten sowie genderneutraler Toilettenblöcke
  2. Verpflichtung der Clubs zu flächendeckender Einführung von Stadionansagen und Unterhaltungsprogrammen in den Stadien mit Live-Untertiteln oder/und Gebärdensprache auf der Stadionleinwand
  3. Verpflichtung der Clubs zu digitaler Barrierefreiheit bei Informationsangeboten und auf den Ticketportalen der Clubs und Verbände
  4. Einrichtung von Anlaufstellen zum Diskriminierungsschutz in allen Bundesliga-Stadien

 Der Erfolg der von der DFL eingesetzten Taskforce wird sich in ein paar Jahren letztlich daran messen lassen müssen, welche der Empfehlungen vom Ligaverband und den Clubs konkret umgesetzt wurden. Bei den Themen Nachhaltigkeit und Fandialog dürften die Vorschläge der Taskforce sicherlich für einige Verbesserungen sorgen. Doch auch die weitere Konkretisierung der anstehenden Zukunftsaufgaben im Bereich sozialer Inklusion im Bereich der nachhaltigen Entwicklung für alle Zielgruppen sollten von Vereinen und Verbänden nicht vernachlässigt werden.

Volker Sieger, stellv. Vorsitzender der BBAG & Leiter Bundesfachstelle Barrierefreiheit:

„Trotz aller gesetzlichen Vorgaben, den gemeinsam mit der DFL entwickelten Empfehlungen der Vergangenheit, und aller sonstigen Bemühungen: der deutsche Profifußball ist in der Realität leider noch weit von einer wirklichen Selbstverpflichtung zur Barrierefreiheit und damit von der Vorbildfunktion für eine inklusive Gesellschaft entfernt. Dies hätte sich angesichts der Vision auch ganzheitlicher in den Empfehlungen der Taskforce zur künftigen Entwicklung des Profifußballs widerspiegeln müssen.“

Alexander Friebel, Vorsitzender der BBAG:

„Es gibt Schätzungen zufolge weit mehr als 3 Millionen Fußballfans mit Behinderungen in Deutschland. Als BBAG wünschen wir uns, dass die Perspektive von Menschen mit Behinderung im weiteren Umsetzungsprozess deutlich stärker Berücksichtigung findet als bisher. Dafür wollen wir uns im konstruktiven Dialog mit der DFL, allen für die Umsetzung Verantwortlichen sowie als Teil von „Zukunft Profifußball“ weiter einsetzen.“